Die Fäden zwischen uns Patienten entspinnen

Im Folgenden ein Auszug aus "Die Allgemeingefährlichkeit der Psychiatrie" (Teil2). Diesen Absatz haben wir kürzlich überarbeitet und ergänzt.


Gelegentlich hören wir den Einwand, das Gesundheitswesen wäre nur ein Anhängsel des kapitalistischen Verwertungsprozesses, das sich nach den Verhältnissen richtet. Wie wir erläutert haben, ist die ärztliche Agenda in Wahrheit der äußere Rahmen, der diese Verhältnisse erst möglich macht, und wie es ein Rahmen so an sich hat, formt er auch das Innere, pfuscht im Leben von uns allen rum, sei es durch direkte körperliche und disziplinarische Eingrifffe oder indirekt mittels gesetzlicher Regelungen und Grenzwerte und auch in der Rolle das Trendsetters und Druckmittels als einzige offizielle Definitionsmacht darüber, was gesund und was krank ist und was gegen Krankheit getan werden sollte; also wie wir zu sein haben, nämlich gehemmte, blockierte und entfremdete Produkte, Produzenten und Konsumenten für den Kapitalismus. Wir sollen das autoritäre Verhältnis der Arzt/Patient, Gesundheit/Krankheit, Subjekt/Objekt Beziehung in den verschiedenen Situationen des Alltags reproduzieren und das macht den Alltag erst so langweilig und stressig. In demselben Klima reduzieren wir Konflikte zu Schwierigkeiten zwischen vereinzelten Individuen und diagnostizieren uns gegenseitig. Die kranken gesellschaftlichen Zusammenhänge und mögliche Alternativen werden von der gewöhnlichen, ärztlich geprägten Sichtweise verschleiert. Konversation besteht oft nur noch aus dem Austausch von nicht als solchen erkannten Allgemeinheiten, die anhand von einzelnen Beispielen - der korrupte Politiker, die Angst verlassen zu werden, der gestörte Nachbar, der Ärger mit dem Chef, etc. - als außergewöhnlich dargestellt und zur gegenseitigen Unterhaltung (im TV heißt das Entertainment oder News) und Versicherung breit getreten werden; eine ständige Wiederholung eines auf Täuschung beruhenden Konsens, entstanden durch die Synthesis unserer Gesellschaft mittels Aneignung - (Äquivalenten)Tausch/Wert/Geld - und ihre Verdinglichung in unserem Bewußtsein -, anstatt einer Synthesis durch gesellschaftlich notwendige Arbeit

http://patientenfrontruhrgebiet.jimdo.com/2012/06/07/tauschabstraktion/  . 

 

Verantwortlich sind angeblich immer nur bestimmte Leute, oder man selbst, oder es handelt sich vermeintlich um Zufälle. Es geht dabei nie um die Verhältnisse, weil in der Tauschgesellschaft Gedanken entsprechend den Produktionsverhältnissen (Aneignung statt gemeinschaftliche Arbeit) aus dem Zusammenhang gerissen, wie Waren behandelt und gegeneinander aufgewogen bzw. miteinander verglichen werden, wie auch soziale Beziehungen im Rahmen von Kosten/ Nutzen Rechnungen austauschbar sind. Die Norm ist Krankheit in ihrem gehemmten Zustand.  

 

Einige sagen, wenn jemand darauf nicht klar kommt, sie solle zum Arzt gehen. Andersartige werden als krank, verrückt, gestört, Sonderlinge, Langweiler, nicht den Gesundheits- und Erfolgsidealen Entsprechende ignoriert oder ausgegrenzt. Manchmal hinter ihrem Rücken, manchmal direkt, wird getratscht und gelästert und ihre Minderwertigkeit wird definiert, wie es auch Ärzte zu tun pflegen. Dabei sind Vorurteile, Bewertungen und Wettbewerb ein allgemeines Problem, und diejenigen, die meinen, auf der Gewinnerseite zu stehen, müßen sich immer anstrengen und Angst haben, ihren Status zu verlieren.

 

Stattdessen:  Gesundheit als faschistisches Hirngespinnst entlarven und Krankheit gemeinsam als Protest gegen die systematische Kontrolle und Ausbeutung leben. Die Fäden zwischen uns Patienten entspinnen! Dann kann uns niemand mehr spalten.

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Aus Krankheit stark!